Flugblatt vom 1. Oktober 2003
Amtsmissbrauch durch Verfassungsrichter?
I. Der VfGH hat mit hoher Wahrscheinlichkeit in mehreren Entscheidungen vorsätzlich fehlerhaft entschieden und sollte vor einer Aufklärung nicht weiterentscheiden dürfen. Es ist nämlich einfach nicht glaubhaft, dass jeder einzelne Verfassungsrichter den höchst qualifizierten Rechtsansichten A bis C keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beimaß und sodann die Behandlung der Beschwerde einstimmig (dazu mein Schreiben vom 20.2.1997, FN 7, sowie Karl Korinek in Die Presse vom 21.1.2002, S. 8) abgelehnt wurde: A) Die Professoren W.Doralt und H.G.Ruppe äußerten seit 1981 gegen die ungleiche Besteuerung von ererbten Grundstücken (Einheitswert) und ererbten Spareinlagen (Kapitalwert) verfassungsrechtliche Bedenken (Ablehnung VfGH B 264/91, Rechtslage vor Endbesteuerung). Die 1995 im deutschen Parallelfall bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage (so ebenfalls Doralt/Ruppe) festgestellte Gleichheitswidrigkeit pfiffen nach den Worten von Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach (Die Presse vom 13.6.1997, S. 10) die Spatzen von den Dächern. B) Das deutsche Bundesverfassungsgericht erkannte auf Gleichheitswidrigkeit der Anonymität von Spareinlagen (Ablehnung ebenfalls VfGH B 264/91). C) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkannte auf förderungsrechtliche Nichtdiskriminierung Privater (Ablehnung VfGH B 3487/95; wohl auch schon VfGH B 1590/88 im Hinblick auf BGBl 1985/220). Demgegenüber zieht das Privatschulgesetz eine (diskriminierende) Konfessionsgrenze. Würde eine zur Erfüllung der Schulpflicht geeignete nichtkonfessionelle Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht von einem konfessionellen Rechtsträger übernommen, erhielte letzterer von heute auf morgen die mit Rechtsanspruch ausgestattete, weitaus höhere Förderung.** – Der Verdacht des Verbrechens des Amtsmissbrauchs liegt somit auf der Hand. Das Schreiben vom 20.2.1997 mit Hinweisen auf weitere Amtsmissbräuche durch Verfassungsrichter kann bei mir angefordert werden.
II. Der neue VfGH-Präsident Karl Korinek sagte am 14.12.2002, er wolle Entscheidungen des VfGH künftig transparenter machen. Dies hätte er längst tun können, besonders seit 1981 (Einführung der – einstimmigen – Ablehnung von Beschwerden). Die Ablehnungen (ca 70 % aller VfGH-Entscheidungen) sind in einem kaum mehr überbietbaren Ausmaß intransparent: Die Begründung beschränkt sich zumeist auf dieselbe nichtssagende Floskel, auf den Inhalt der Beschwerde kann fast nie rückgeschlossen werden. Es ist wohl kein Zufall, dass sich die amtsmissbrauchsverdächtigen Entscheidungen (vgl Teil I) weitgehend unter den Ablehnungen finden. Um begründungslose Entscheidungen objektivierbar zu machen, hatte ich auch beantragt, den Inhalt meiner Beschwerde in der Entscheidung vollständig wiederzugeben (B 1819/92, B 2103/93). In den (sodann erfolgten) Ablehnungen wurde diesen Anträgen nicht nur nicht Rechnung getragen, es wurden – wie selbstverständlich – auch diese Anträge nicht erwähnt. Zufolge solcher Intransparenz wusste auch aus der Ablehnung B 264/91 (9.10.1991) heraus praktisch niemand, dass die zu Grunde liegende Beschwerde (einstimmig) gegen die Rechtsansicht zweier Universitätsprofessoren (Bewertungsproblem) sowie gegen die des deutschen Bundesverfassungsgerichts (Anonymitätsproblem) abgelehnt wurde, lediglich dass die Präjudizialität vermutlich fehle war erwähnt. Fünf Tage zuvor, bei der Inbehandlungnahme der zum Anonymitätsproblem parallelen Beschwerde B 728/91 (4.10.1991), war aber die Präjudizialität offenbar vorhanden, und sieben Wochen später, bei der (negativen) Entscheidung über die parallele Beschwerde (30.11.1991), war sie dann wieder vorhanden, unter Hinweis auf ein Vorerkenntnis aus 1986. Referent beider Beschwerden war Dr. Jann (nunmehr EuGH), der (wie andere ablehnende Richter) auch am Vorerkenntnis mitgewirkt hatte. Vermutlich stand also die Entscheidung des 30.11.1991 bereits lange vor der (Schein-)Urteilsberatung fest.
III. Schon 1991 (Unterbrechungsbeschluss zu G 188/91 vom 12.12.1991) hatte der VfGH auf die Bedeutung der Kinder für die Allgemeinheit hingewiesen: „Eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung sorgepflichtiger Eltern scheint schließlich noch aus einem weiteren Grund vorzuliegen. Mit der Obsorge für ihre Kinder dürften die Eltern nicht nur eine familienrechtliche Pflicht erfüllen sondern vielmehr auch den Interessen der Allgemeinheit dienen. Erst durch die Leistungen der folgenden Generation wird der weitere Fortbestand der Volkswirtschaft gesichert und die Versorgung im Alter ermöglicht. Dass Eltern aus ihrem Einkommen Unterhaltslasten für Kinder tragen, kommt demnach auch Steuerpflichtigen zugute, die für keine Kinder zu sorgen haben. Es scheint daher verfassungsrechtlich nicht zulässig zu sein, die nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§ 140 ABGB) nach ihrer Leistungsfähigkeit zum Unterhalt der Kinder verpflichteten Eltern diese Last im Wesentlichen allein tragen zu lassen.“ Von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt zu der Erkenntnis, dass auch die Erziehungsarbeit (selbst wenn statt dessen kein Beruf ausgeübt würde) eine Unterhaltslast ist, die auch Steuerpflichtigen zugute kommt, die keine Kinder haben, und dem gemäß von den Eltern nicht im Wesentlichen allein getragen werden darf. Trotzdem ist der VfGH auf meine Beschwerden betreffend Erziehungsgeld („Müttergehalt“, ebenfalls B 3487/95 [vgl Teil I] und B 4669/96) nicht einmal eingegangen. Schon im Hinblick auf den erwähnten kleinen Schritt ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit deshalb erfolgt, um nicht auf Erziehungsgeld (Erziehungsarbeit und Kindersachaufwand) erkennen zu müssen. Damit behalten die Kinderlosen Einkommen und Karriere und lukrieren den Fortbestand der Volkswirtschaft und die Versorgung im Alter weit überanteilig mit. Den Familien entgehen jährlich je nach Alter etc der Kinder auch 25.000 Euro netto zzgl entsprechender Pensionsansprüche.
Impressum: Eigentümer, Herausgeber, Verleger, Vervielfältiger und für den Inhalt im Sinne des Mediengesetzes verantwortlich: Dr. Fred Brande, Weinberggasse 60/16/1, A-1190 Wien (fred.brandegmxat)*
* Bemerkungen bei Internetveröffentlichung 2006:
Die zweite Fassung dieses Flugblattes erschien mit dem Titel „BPräs-Kandidat Dr. Heinz Fischer schwieg sieben Jahre lang zu: Amtsmissbrauch durch Verfassungsrichter?“ Siehe hiezu meinen Brief an einen Freund vom 15.9.2004 (Dokument 9).
Die dritte Fassung dieses Flugblattes erschien wieder nur mit dem Titel „Amtsmissbrauch durch Verfassungsrichter?“. Sie enthielt den folgenden Impressums-Zusatz: „Teile I bis III ab 29.11.2002 wiederholt in der Online-Ausgabe der „Presse“ als Leserbriefe veröffentlicht. Flugblatt erstmals verteilt am 1.10.2003 („Verfassungstag“ 2003) vor dem VfGH-Gebäude an die Festgäste.“
Rückseite des Flugblattes: Jeweils die graphische Darstellung laut Dokument 7.
** Bemerkung (zu Teil I des Flugblattes) bei Internetveröffentlichung 2006:
1.) a) Der Ablehnungsbeschluss B 3487/95 vom 27.2.1996 hatte wie dargelegt (Dokument 6, vor FN 8) das Schulgeldthema nicht einmal erwähnt. Im Ablehnungsbeschluss B 1590/88 vom 27.2.1990 wiederum hatte der VfGH von der Behandlung der Beschwerde des Trägers der Linzer Steiner-Schule, des Vereins zur Förderung der Waldorfpädagogik in Linz, gegen die ungleiche gesetzliche Regelung für die konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen „vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und des EGMR (,Belgische Sprachenfälle‘, 23.7.1968, EuGRZ 1975, Seite 298 ff)“ mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgesehen, also seine eigene Judikatur nicht näher spezifiziert und auf die zitierte EGMR-Entscheidung nur formal mit ihrer Fundstelle verwiesen, ohne wenigstens die betreffende Seite oder gar den Wortlaut seiner inhaltlichen Bezugnahme anzugeben.
b) Die Begründung wörtlich:
„Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art. 144 Abs. 2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art. 2 des (1.) ZPMRK und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und des EGMR (,Belgische Sprachenfälle‘, 23.7.1968, EuGRZ 1975, Seite 298 ff) die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie – unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§ 19 Abs. 3 Z 1 VfGG).“
c) Ich selbst habe in EuGRZ 1975, 298 bis 307, als hier relevant nur gefunden, dass, sobald sich ein Staat entschließt, Subventionen zu gewähren, er dies nicht in diskriminierender Weise tun darf. Im Einzelnen scheinen mir folgende Passagen relevant:
Zu Art. 2 Satz 2 ZP (Seite 300)
„Art. 2 Satz 2 des Zusatzprotokolls gewährleistet nicht ein Recht auf Bildung; das ergibt sich deutlich aus seinem Wortlaut: (...)
Diese Bestimmung verpflichtet die Staaten nicht, auf den Gebieten von Erziehung und Unterricht die Vorliebe der Eltern für eine bestimmte Sprache zu achten, sondern allein ihre religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen zu wahren. Die Begriffe „religiös“ und „weltanschaulich“ dahin auszulegen, dass sie die Vorliebe für eine bestimmte Sprache mitumfassen, hieße, den normalen und üblichen Sinn jener Begriffe verdrehen und in die Konvention etwas hineinlesen, was sie nicht enthält. ...“
Zu Art. 14 MRK (Seite 301 f)
Nach Art. 14 der Konvention ist der Genuss der in ihr festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Unterschied insbesondere der Sprache [bzw Religion, politischen oder sonstigen Anschauungen] zu gewährleisten. Gemäß Art. 5 des Zusatzprotokolls gilt diese Garantie auch für die dort anerkannten Rechte und Freiheiten. Folglich sind Art. 2 des Zusatzprotokolls und Art. 8 der Konvention beide nicht nur für sich genommen auszulegen und anzuwenden, sondern auch unter Bezugnahme auf die in Art. 14 ausgesprochene Garantie.
„...So können die der Herrschaftsgewalt eines Vertragsstaates unterstehenden Personen aus Art. 2 des Zusatzprotokolls nicht das Recht ableiten, von den Behörden die Einrichtung dieser oder jener Unterrichtsstätte zu erhalten; nichtsdestoweniger könnte der Staat, der eine solche Einrichtung geschaffen hätte, wenn er die Zugangsbedingungen festlegt, keine im Sinne von Art. 14 diskriminierenden Maßnahmen treffen.
Um an ein anderes Beispiel zu erinnern, das im Laufe des Verfahrens angeführt wurde: Art. 6 der Konvention verpflichtet die Staaten nicht, einen doppelten Instanzenzug vorzusehen. Der Staat, der Berufungsgerichte schafft, geht folglich über die Verpflichtungen aus Art. 6 hinaus. Er würde aber Art. 6 in Verbindung mit Art. 14 verletzen, wenn er diesen Instanzenzug bestimmten Personen ohne rechtmäßigen Grund versperrte, während er ihn anderen Personen für dieselbe Art von Rechtsstreitigkeiten öffnete.
...
Entscheidend ist also, die Kriterien festzustellen, nach denen sich bestimmen lässt, ob eine gegebene unterschiedliche Behandlung, natürlich in Bezug auf die Ausübung eines der anerkannten Rechte und Freiheiten, dem Art. 14 zuwiderläuft oder nicht. Hierzu hält der Gerichtshof fest – und er folgt insoweit den Grundsätzen, die sich aus der Rechtsprechung einer großen Anzahl demokratischer Staaten ableiten lassen –, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt ist, wenn die Unterscheidung keinen objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrund hat. Das Bestehen eines solchen Rechtfertigungsgrundes ist zu beurteilen im Verhältnis zu Ziel und Wirkungen der zu prüfenden Maßnahmen, wobei Bedacht zu nehmen ist auf die Grundsätze, die allgemein in den demokratischen Gesellschaften Vorrang haben. Eine unterschiedliche Behandlung in der Ausübung eines von der Konvention garantierten Rechtes muss nicht nur einem rechtmäßigen Ziel dienen: Art. 14 ist auch dann verletzt, wenn [eindeutig feststeht, dass – entfällt bei Peukert, siehe unten] zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht.
...
...In den einsprachigen Regionen aber haben Bürger französischer und niederländischer Zunge gleichermaßen Zugang zum öffentlichen oder subventionierten Unterricht, das heißt zu einem Unterricht, der in der Sprache der Region erteilt wird.“
2.) Zusammengefasst bedeutet dies nach Peukert (in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 1996, Rz 17 zu Artikel 14 [Seite 447]; ebenso bereits 1. Auflage 1985 [Seite 315]) unter Hinweis auf die zitierten Belgischen Sprachenfälle und den Fall Marckx, EuGRZ 1979, 454 Folgendes: Eine Maßnahme oder Regelung ist dann diskriminierender Natur, wenn
– sie hinsichtlich der Gewährleistung des Genusses eines Konventionsrechtes zwischen Personen und Personengruppen unterscheidet, die sich in vergleichbarer Situation befinden,
– und die Unterscheidung eines objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrundes entbehrt;
– und/oder zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht.
Diese Judikatur des EGMR, wie sie richtungsweisend in den vom VfGH zitierten belgischen Sprachenfällen zum Ausdruck kommt, hätte bereits auf den ersten Blick viel eher zur Aufhebung der die nichtkonfessionellen Privatschulen benachteiligenden Bestimmungen des Privatschulgesetzes führen müssen als zu von 13 stimmberechtigten Verfassungsrichtern (bei der Ablehnung B 1590/88 vom 27.2.1990 war Dr. Jann einer davon) einstimmig getragenen Ablehnungen der beiden Beschwerden.
Bei den als Subventionswerbern in Frage kommenden Personengruppen unterscheidet das Privatschulgesetz zwischen konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen (bzw deren Trägern) und benachteiligt dabei letztere. Zur Rechtmäßigkeit welcher Benachteiligung ein objektiver und angemessener Rechtfertigungsgrund vorliegen muss. Ein solcher (konkreter) Rechtfertigungsgrund findet sich für die Frage der Ungleichbehandlung konfessioneller und nichtkonfessioneller Privatschulen in dem vom VfGH in B 1590/88 zitierten EGMR-Urteil über den belgischen Sprachenstreit offensichtlich nicht einmal ansatzweise, sodass an sich die Verfassungsrichter bis zum Nachweis eines solchen vom Nichtvorliegen eines objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrundes ausgehen hätten müssen, anstatt die Behandlung der Beschwerde abzulehnen. (Bei der Beurteilung, ob ein Rechtfertigungsgrund objektiv und angemessen ist, muss die Grundsatzentscheidung des Art 14 MRK gebührend beachtet werden sowie dass Vorrechte des Bekenntnisses gemäß Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG ausgeschlossen sind.)
3.) Mangels konkreter Aussage des Sprachenurteils zum Konfessionsproblem ist der Hinweis auf das Sprachenurteil offenbar lediglich als Hinweis auf die zitierte allgemeine Aussage des EGMR gedacht, dass bei Vorliegen eines objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrundes der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt ist und dass (zumindest) ein solcher Rechtfertigungsgrund vorliegt. Der Ablehnungsbeschluss weist diesbezüglich nur allgemein auf die „Beschwerdebehauptungen“ hin.
Die Beschwerde steht mir als solche zwar nicht zur Verfügung, jedoch ist es aus allgemein zugänglichen Quellen heraus unwahrscheinlich, dass ein solcher objektiver und angemessener Rechtfertigungsgrund vorlag. So war die Schule im Zeitpunkt der Antragstellung im Besitz des Öffentlichkeitsrechtes für die 1. bis 12. Schulstufe (VwGH 90/10/0075) und durch Verordnung gemäß § 12 Abs 1 des Schulpflichtgesetzes die 1. bis 9. Schulstufe als zur Erfüllung der Schulpflicht geeignet anerkannt (BGBl 1985/220 – für die Schulstufen 10 bis 12 besteht keine Schulpflicht). Voraussetzung dieser Anerkennung war gemäß § 12 Abs 2 des Schulpflichtgesetzes, dass der Unterricht im Wesentlichen jenem an einer der im § 5 dieses Gesetzes genannten Schulen gleichkommt, wobei in diesem § 5 die Schulen des österreichischen Regelschulwesens genannt waren, also Volksschule, Hauptschule, Polytechnikum bzw Allgemeinbildende höhere Schule, Berufsbildende mittlere Schule und Berufsbildende höhere Schule. Erinnert sei nebenbei daran, dass die zahlreichen Schulversuche an staatlichen Schulen ebenso Abweichungen vom Regelschulwesen darstellten, aber auch im Wesentlichen dem Unterricht im Regelschulwesen gleichkamen.
Im Übrigen waren (und sind) gemäß § 17 Abs 1 Privatschulgesetz den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften für ihre mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten konfessionellen Privatschulen Subventionen zum Personalaufwand zu gewähren. Weitere Voraussetzungen als das Öffentlichkeitsrecht bestanden (und bestehen) nicht, insbesondere waren (und sind) die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften auch nicht gehindert, das Öffentlichkeitsrecht auch für solche Schulen zu erwerben, die keiner öffentlichen Schulart entsprechen (§ 14 Abs 2 Einleitung Privatschulgesetz).
4.) Aus diesen Gründen scheint es mir undenkbar, dass ein angemessener Rechtfertigungsgrund im Sinne des gegenständlichen EGMR-Urteils vorlag, die bereits mit dem Öffentlichkeitsrecht für alle 12 Klassen ausgestattete Linzer Steiner-Schule nicht sofort zur Gänze gleichzustellen, ja ihr darüber hinaus jegliche Subvention zu verweigern. Noch undenkbarer erscheint es mir, dass von 13 stimmberechtigten Verfassungsrichtern jeder einzelne der Meinung war, dass ein solcher angemessener Rechtfertigungsgrund vorlag, die Linzer Steiner-Schule nicht sofort gleichzustellen, ja ihr darüber hinaus jegliche Subvention zu verweigern. Völlig undenkbar erscheint mir jedoch, dass dieser angemessene Rechtfertigungsgrund noch dazu derart war, dass jeder einzelne der 13 Verfassungsrichter der Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gab. Unter den oben 3. genannten Voraussetzungen konnte es – weil eben die mit Rechtsanspruch gewährte Subventionierung der konfessionellen Privatschulen allein auf das Öffentlichkeitsrecht abstellte (und abstellt) – allerhöchstens darum gehen, ob der Linzer Steiner-Schule im Hinblick darauf, dass die bei ihr absolvierten 12 Schulklassen (4 Volksschulklassen, 5 Hauptschulklassen und 3 Oberstufenklassen) zwar zum sogenannten Waldorf-Abschluss, aber noch nicht zur Matura geführt haben, von der potenziell zustehenden Gesamtförderung etwas abzuziehen war. Zur Höhe eines allfälligen Abzuges sei bemerkt, dass seit einiger Zeit die Schüler der Steiner-Schule Wien-Pötzleinsdorf in den Räumlichkeiten ihrer Schule ein von Lehrern öffentlicher Schulen unterrichtetes 13. Schuljahr absolvieren und in diesem Rahmen die Reifeprüfung ablegen, während etwa die Schüler der Grazer Steiner-Schule dieses 13. Schuljahr als zusätzliche Maturaklasse an einem Grazer BORG absolvieren und mit Matura abschließen.
5.) Nun wurde der vor dem Hinweis auf das EGMR-Urteil im belgischen Sprachenstreit stehende Hinweis auf die „Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz“ überhaupt nicht belegt. Eine derartige Begründung ist wohl keine. Da mangels Anfechtbarkeit Entscheidungen des VfGH nur entweder gültig oder nichtig sein können, stellt sich die Frage der Nichtigkeit begründungsloser VfGH-Entscheidungen. Zumal der VfGH im Bereich der Verordnungs- und Gesetzesprüfung ein Entscheidungsmonopol hat, während andere Fragen je nach Zuständigkeit bereits von den Unabhängigen Verwaltungssenaten geprüft wurden. Und die Begründungslosigkeit verfassungsgerichtlicher Entscheidungen auch nicht ins Konzept der 1920 geschaffenen Bundesverfassung passte. Vorgefunden wurde, dass Gerichte begründen müssen, hinzu kam, dass sich Gesetzgeber vor dem Verfassungsgerichtshof rechtfertigen müssen.
Es muss möglich sein – viele Fälle werden ja gleich gelagert sein und daher Ablehnungen auch in gleicher Weise begründet werden können –, Ablehnungen mit Judikaturzitaten oder auch sonst kurz zu belegen, denn der VfGH muss ja auch selbst wissen, vor welchem bestimmten Hintergrund er eine Behandlung ablehnt, ansonsten er ja nicht ablehnen dürfte.
6.) Was nun die begründungslose (das Schulgeld-Thema nicht einmal erwähnende) Ablehnung der Behandlung meiner (Erziehungsgeld- und) Schulgeldbeschwerde B 3487/95 betrifft: In jenen Fällen, in denen einem Beschwerdeführer die Parteistellung fehlt, ist an sich mit Zurückweisung der Beschwerde vorzugehen. Bei einer begründungslosen Ablehnung kann daher nicht von vornherein auf ein Fehlen der Parteistellung geschlossen werden. Sollten aber die Verfassungsrichter meine Parteistellung intern tatsächlich verneint haben – dies im Hinblick auf VfSlg 12.751/1991 vom 17.6.1991, weil ich selbst als Vater eines Steiner-Schülers im Volksschulalter im Rahmen meines Einkommensteuerverfahrens einen (entsprechend den Kinderabsetzbeträgen als Zuschuss verstandenen) Schulgeld-Absetzbetrag beantragt hatte; in B 1590/88 hatte wie erwähnt der Träger der Linzer Steiner-Schule Beschwerde erhoben – und überdies der Meinung gewesen sein, die gesetzliche Beschränkung der Antragstellung auf den Träger der Schule sei verfassungsrechtlich hinreichend unbedenklich, so wäre es jedenfalls ein Leichtes gewesen, die VfSlg-Nummer zu zitieren und die hinreichende Unbedenklichkeit der gesetzlichen Bestimmung anzuführen.
7.) Hingewiesen sei auf die Parlamentarische Anfragebeantwortung 1184/AB XXI.GP des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (im Parlament eingelangt am 2.11.2000). Zu den Punkten 7 bis 9 der zu Grunde liegenden Anfrage heißt es hierin:
„Die verschiedene Behandlung konfessioneller und nichtkonfessioneller Privatschulen ist nicht als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes anzusehen, weil die öffentlichen Schulen – ebenso wie die nichtkonfessionellen Privatschulen – interkonfessionell sind und die konfessionellen Privatschulen daher eine Ergänzung des öffentlichen Schulwesens darstellen, die es den Eltern (im Sinne des Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) erleichtert, die ihrer religiösen Auffassung entsprechende Erziehung ihrer Kinder frei zu wählen.
Der Verfassungsgerichtshof hat auch – damit übereinstimmend – mit Beschluss vom 27. Februar 1990, Zahl B 1590/88-6, von der Behandlung einer Beschwerde gegen die ungleiche gesetzliche Regelung für die konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen ,vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte‘ mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgesehen.
Die Europäische Kommission für Menschenrechte des Europarates hat 1994 [richtig: am 6.9.1995 – DR 82-A, Seite 41] die Beschwerde Nr. 23419/94 eines schulerhaltenden Vereines [„Verein Gemeinsam Lernen“] für unzulässig erklärt, weil die unterschiedliche Behandlung kirchlicher Schulen (Subventionierung gemäß § 17 Privatschulgesetz) und der Schule des antragstellenden Vereins (Subventionierung gemäß § 21 Privatschulgesetz) im Hinblick auf Art. 14 der Konvention gerechtfertigt werden kann; zur Begründung wurde angeführt, dass kirchliche Schulen soweit verbreitet [richtig: so weitverbreitet - widespread] sind , dass – wenn die von ihnen erbrachten Erziehungsleistungen vom Staat zu erbringen wären – dies für den Staat eine erhebliche Belastung bedeuten würde.“
8.) Hingewiesen sei weiters auf die VwGH-Entscheidung 95/10/0265 vom 28.3.2002, worin es heißt:
„Die verschiedene Behandlung konfessioneller und nichtkonfessioneller Privatschulen kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes deshalb nicht als eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angesehen werden, weil die öffentlichen Schulen – ebenso wie die nicht konfessionellen Privatschulen – interkonfessionell sind und die konfessionellen Privatschulen daher eine Ergänzung des öffentlichen Schulwesens darstellen, die es den Eltern (im Sinne des Art 2 des 1. Zusatzprotokolles zur EMRK) erleichtert, die ihrer religiösen Auffassung entsprechende Erziehung ihrer Kinder frei zu wählen.
Auch hat schon der Verfassungsgerichtshof mit dem oben erwähnten Beschluss [vom VwGH eingangs seiner Entscheidung erwähnt] vom 27. Februar 1990, B 1590/88, von der Behandlung der Beschwerde gegen die ungleiche gesetzliche Regelung für die konfessionellen und nicht konfessionellen Privatschulen „vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und des EGMR (,Belgische Sprachenfälle‘, 23.7.1968, EuGRZ 1975, Seite 298 ff)“ mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgesehen.“
Wie ersichtlich, sind Aufbau und Formulierung der Anfragebeantwortung (oben 7.) und der VwGH-Entscheidung derart ähnlich, dass die Anfragebeantwortung dem VwGH insoweit als Grundlage gedient haben dürfte. Dass sich aber die in der Anfragebeantwortung nunmehr anschließende Zitierung der EKMR-Entscheidung Nr. 23419/94 (oben 7.) in der VwGH-Entscheidung nicht wiederfindet, lässt den Schluss zu, dass auch (siehe unten 10.) der VwGH die genannte EKMR-Entscheidung nicht für tragfähig gehalten hat.
Was nun das Erleichterungs-Argument betrifft, so entzieht es sich meiner Kenntnis, ob das Bildungsministerium, also der Verfahrensgegner im gegenständlichen VwGH-Verfahren, in der genannten Anfragebeantwortung tatsächlich originär gewirkt oder lediglich bereits vorhandene Judikatur ohne Zitat wiedergegeben hat (die VfGH-Ablehnung und die EKMR-Entscheidung hatte es ja als solche zitiert). Ebenso weiß ich nicht, ob der VwGH diese (originäre ?) Rechtsansicht des Bildungsministeriums dem beschwerdeführenden Träger der Linzer Steiner-Schule (bzw dessen Rechtsanwalt) zur Stellungnahme übermittelt hat und, wenn nein, ob dies den Umständen nach überhaupt geboten gewesen wäre.
9.) Unabhängig davon, wie man diese Rechtsansichten der EKMR und des VwGH würdigt, ist festzuhalten, dass sie den Verfassungsrichtern in VfGH B 1590/88 vom 27.2.1990 und B 3487/95 vom 27.2.1996 entweder nicht bekannt waren bzw nicht bekannt sein konnten oder zumindest nicht von ihnen zitiert wurden, sodass sie auch nicht zu ihrer Rechtfertigung dienen können.
10.) Würdigend sei jedoch, zunächst zur EKMR-Entscheidung DR 82-A, Seite 41 (oben 7.) bemerkt, dass die weitere Verbreitung nichtkonfessioneller Privatschulen ebenfalls geeignet wäre, den Staat zu entlasten (vgl Peukert in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 1996, Rz 54 zu Artikel 14 – Seite 471). Wenn nun diese EKMR-Entscheidung (Seite 46) davon spricht, dass die (staatlich subventionierte) Theresianische Akademie bereits lange vor dem Inkrafttreten des Privatschulgesetzes bestanden hat und daher nicht mit der Schule des beschwerdeführenden Vereins („Verein Gemeinsam Lernen“) verglichen werden könne, so sei darauf hingewiesen, dass das Privatschulgesetz für etwaige – einer viel toleranteren Bedarfsregelung (§ 18 Abs 1 gegenüber § 21 Abs 1 und 2 Privatschulgesetz) unterliegende – Schulen neuer oder auch schulisch unerfahrener gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften auch keinerlei Bewährungsfristen kannte (und kennt) – im Gegenteil: § 18 Abs 5 Privatschulgesetz, beachte auch §§ 11 Abs 3 und 14 Abs 3 Privatschulgesetz. Wenn schließlich die EKMR (Seite 46) bemängelt, das Argument der Förderung der Theresianischen Akademie sei innerstaatlich nicht vorgebracht worden, so sei festgehalten, dass in Österreich, sobald ein Verfahren anhängig ist, das die diesbezüglichen Mindestvoraussetzungen erfüllt, die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsordnung vorrangig eine gerichtliche Aufgabe ist und zu Vergleichszwecken die geförderten nichtkonfessionellen (und konfessionellen !) Rechtsträger durch Anfrage beim zuständigen Bundesminister problemlos hätten ermittelt werden können, im Übrigen das „öffentliche Gymnasium der Stiftung ,Theresianische Akademie‘ in Wien“ im § 26 Privatschulgesetz, wenn auch in anderem Zusammenhang, ausdrücklich genannt war (und ist).
11.) a) Interkonfessionalität, bzw der Wunsch der Eltern, ihre Kinder in einer interkonfessionellen Schule und somit gemeinsam mit anders- und nichtreligiösen Kindern aufwachsen zu lassen, ist zumindest im Zweifel in einer weltanschaulichen Überzeugung im Sinne des Artikels 2 des 1.ZP zur MRK begründet (eventuell auch in einer religiösen Überzeugung) und stellt daher an sich keine bloße Ordnungsmaxine dar wie die Rechtsfahrregel der Straßenverkehrsordnung. Dies sei zu VwGH 95/10/0265 (oben 8.) sicherheitshalber erwähnt.
b) Ob die konfessionellen Privatschulen eine Ergänzung des öffentlichen Schulwesens darstellen, die es den Eltern (im Sinne des Art 2 des 1. Zusatzprotokolles zur EMRK) erleichtert, die ihrer religiösen Auffassung entsprechende Erziehung ihrer Kinder frei zu wählen (siehe oben 8.), hängt jedenfalls von der Lage der Schule und den im Umkreis der Schule gewählten Bekenntnissen ab. Nimmt eine konfessionelle Privatschule etwa keine andersgläubigen/bekenntnislosen Schüler auf, wäre für diese Schüler eine interkonfessionelle Schule mit jeweiligem Religionsunterricht günstiger als weite Schulfahrten, wobei dem gegenüber den Schülern der konfessionellen Privatschule zwecks Vermeidung eines weiten Schulweges für die andersgläubigen/bekenntnislosen Schüler der Besuch einer interkonfessionellen Schule sehr wohl zumutbar wäre (vgl auch § 12 Z 2 des Gesetzes RGBl 1868/49 über die interkonfessionellen Verhältnisse). Wobei die solcherart benachteiligten Schüler bzw deren Eltern mit ihren Steuern die Subventionen der betreffenden konfessionellen Privatschule mitfinanzieren. – Im Übrigen müssen die Nichtmitglieder von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften (soweit nicht Entschädigungen angesprochen sind, so in den Art II und VIII BGBl 1960/195, welche aber wohl mittlerweile erfüllt wurden) entgegen ihrer Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Artikel 9 MRK verfassungswidriger Weise Kultus und Lehre dieser Organisationen mitfinanzieren, weil diese aus den von den Nichtmitgliedern mitbezahlten allgemeinen Steuern direkte und indirekte Zuwendungen erhalten. Mittels dieser Umgehung (Religionsgemeinschaften-Finanzierungsbeiträge auf dem Einkommensteuerbescheid wären von den Nichtmitgliedern längst vor den VfGH gebracht worden) haben sich diese Finanzleistungen nun schon mehrere Jahrzehnte gehalten. Zu den direkten Zuwendungensiehe für die Katholische Kirche BGBl 1960/195 iVm zuletzt 1996/609, für die Evangelischen Kirchen § 20 BGBl 1961/182 idF zuletzt 1996/318, für die Altkatholische Kirche BGBl 1960/221 idF zuletzt 1996/316, für die Israelitischen Kultusgemeinden BGBl 1960/222 idF zuletzt 1996/317; die anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften erhalten die (anteiligen) Finanzleistungen nicht im Wege über ein besonderes Gesetz, Grundlage ist lediglich das jährliche Bundesfinanzgesetz; aus dem Wunsch, an bestimmte um Anerkennung bemühte Religionsgemeinschaften nicht auch derartige Finanzleistungen erbringen zu müssen, erklärt sich das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften BGBl 1998 I 19, insbesondere dessen § 11. Eine Übersicht über sämtliche gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften findet sich unter http://www.bmukk.gv.at/ministerium/kultusamt/Gesetzlich_anerkannte_Ki5433.xml, wobei allerdings die Fundstellen mit denen des Rechtsinformationssystems (siehe Hinweis nach dem Abkürzungsverzeichnis) verglichen werden müssten, wobei auch das RIS bezüglich des Konkordats zumindest die Änderung BGBl 1960/195 nicht anführt. Indirekte Zuwendungen sind die Bezahlung der Religionslehrer und die Finanzierung der Theologischen Fakultäten. Zu ebenfalls MRK-widrigen Finanzierungen von Religionsgemeinschaften in der BRD und Italien siehe meinen Leserbrief in der „Presse“ vom 18.4.2003, Seite 18.
c) Außerdem ist die Anknüpfung an die Interkonfessionalität als solche nicht angemessen, da es verschiedene Konzepte interkonfessioneller Schulen oder auch interkonfessionellen Unterrichts an derselben Schule geben kann und zum Teil auch gibt, zB nach Maria Montessori oder nach Rudolf Steiner, Konzepte, die man als Pädagogiken, Erziehungslehren bezeichnen könnte, was aber wohl nicht heißt, dass sie damit automatisch aus dem Bereich der gemäß Art 2 des 1. ZP zur MRK zu schützenden weltanschaulichen Überzeugungen („philosophical“ convictions bzw convictions „philosophiques“ im Gegensatz zu den in allen Sprachen „religiösen“ Überzeugungen) herausfallen und nichtkonfessionelle Schulen außerhalb des staatlichen Schulwesens nur mehr Atheisten- oder Agnostikerschulen sein können. Wie es auch umgekehrt konfessionellen Rechtsträgern von Staats wegen nicht verwehrt ist und auch nicht verwehrt werden dürfte, nach Montessori oder Steiner zu unterrichten, es müssen lediglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden, welche Bedingungen wiederum von MRK wegen grundsätzlich gerade nichtnach der (Nicht-) Zugehörigkeit des Rechtsträgers zu einer Religionsgemeinschaft differenzieren dürfen. Was aber gerade beim Privatschulgesetz der Fall ist, das ausdrücklich zwischen konfessionellen und nichtkonfessionellen Privatschulen unterscheidet und gerade daran die unterschiedliche Subventionierung knüpft (§§ 17 ff bzw §§ 21 ff Privatschulgesetz).
§ 17 Abs 1 und § 21 Abs 1 Einleitung Privatschulgesetz lauteten (und lauten):
„§ 17. (1) Den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sind für die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten konfessionellen Privatschulen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Subventionen zum Personalaufwand zu gewähren.“
„§ 21. (1) Für Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, die nicht unter § 17 fallen, kann der Bund nach Maßgabe der auf Grund des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes zur Verfügung stehenden Mittel Subventionen zum Personalaufwand gewähren, wenn...“
Demnach hatten (und haben) die Träger konfessioneller Privatschulen einen Rechtsanspruch auf Subventionierung für alle von ihnen geführten Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, ohne Unterschied des Schultyps. Für derartige Subventionen war (und ist) es also gleichgültig, ob die konfessionelle Privatschule nach dem sogenannten Regelschulwesen oder „nach ausländischem Lehrplan“ (§ 12 Abs 1 Schulpflichtgesetz, heute: „nach keiner gesetzlich geregelten Schulart“, etwa eben nach Montessori- oder Steiner-Lehrplänen) geführt wird.
Im Gegensatz dazu hatten (und haben) die Träger nichtkonfessioneller Privatschulen keinen Rechtsanspruch auf Subventionierung, gleichgültig nach welchem Lehrplan sie unterrichteten.
Die Frage erhebt sich, ob der VfGH in den an ihn herangetragenen Einzelfällen (einer Anfechtung durch eine Landesregierung oder durch ein Drittel der NR-Abgeordneten könnte diese Gliederung nicht standhalten) nicht zunächst diese Verfassungswidrigkeit hätte beheben müssen.
d) Liegt nun dem Wunsch der Eltern, ihre Kinder nach Montessori oder Steiner unterrichten und erziehen zu lassen, eine weltanschauliche Überzeugung im Sinne des Art 2 des 1. ZPMRK zu Grunde ? Man wird diese Frage kaum verneinen können und daher zumindest im Zweifel bejahen müssen (verneint man sie trotzdem, dann sind die Montessori- und die Steiner-Schulen aus verfassungsrechtlicher Sicht einfach ganz gewöhnliche Privatschulen mit im Wesentlichen gleichem Unterricht, siehe oben 3. und 4., sodass sie ohnehin gegenüber den konfessionellen Privatschulen, und auch gegenüber den zu einem sehr hohen Prozentsatz geförderten nichtkonfessionellen Privatschulen) diskriminiert sind). Im Übrigen wäre die vom VwGH in 1995/10/0265 (oben 8.) genannte Erleichterung wohl kaum ein angemessener Rechtfertigungsgrund, die nichtkonfessionellen Privatschulen überhaupt, jedenfalls aber bezüglich jeglicher Subvention zu diskriminieren, selbst wenn diese Erleichterung als objektiver Rechtfertigungsgrund im Sinne des gegenständlichen belgischen Sprachenfalles gelten könnte – kann sie wohl nicht, da wie dargelegt Interkonfessionalität als solche kein zulässiger Anknüpfungspunkt ist (oben a bis c) und, sofern die folgende Argumentation im Hinblick auf das zuvor Gesagte überhaupt noch notwendig sein sollte, dem Wunsch der Eltern, ihre Kinder nach Montessori oder Steiner unterrichten und erziehen zu lassen, im Zweifel eine weltanschauliche Überzeugung im Sinne des Art 2 des 1. ZPMRK zu Grunde liegt und demgemäß die Montessori- und die Steiner-Schulen ebenfalls eine Ergänzung des öffentlichen Schulwesens darstellen, die es den Eltern erleichtert, die ihrer weltanschaulichen Auffassung entsprechende Erziehung ihrer Kinder frei zu wählen. Hintergrund des Art 2 des 1. ZPMRK war (siehe Frowein in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 1996, Rz 6 zu Artikel 2 des 1. ZPMRK [Seite 831]), dass die regelmäßig staatlichen Schulen auf die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern Rücksicht zu nehmen haben. Einen Eingriff in die Grundsatzentscheidung des Art 14 MRK, niemand aus dem Grunde der Religion zu diskriminieren, und damit einen objektiven undangemessenen Rechtfertigungsgrund im Sinne der EGMR-Entscheidung zu den belgischen Sprachenfällen stellt Art 2 des 1. ZPMRK sicher nicht dar.
e) Die vom VwGH in 1995/10/0265 (oben 8.) vertretene Ansicht geht auch an der Realität vorbei: Österreichische konfessionelle Privatschulen haben im Allgemeinen außer dem konfessionellen Träger kaum über die interkonfessionellen Schulen hinausgehenden religiösen Charakter, dafür sorgt schon der dichte Lehrplan.
f) Entstehen konnte die geschilderte rechtliche Situation nur, weil der österreichische Staat in Verbindung mit seinem direkt aus Steuern finanzierten Unterricht sein Unterrichtskonzept dominieren lassen konnte, welchem Konzept sich die in Österreich relevanten, hauptsächlich katholischen Privatschulen anschlossen, sodass andere Konzepte, insbesondere die Maria Montessoris und Rudolf Steiners, faktisch in eine Außenseiterrolle gedrängt wurden. Damit korrespondierte der Schulkompromiss des Jahres 1962 zwischen ÖVP und SPÖ, der den (hauptsächlich katholischen) Privatschulen die Existenz und den staatlichen Schulen die Dominanz sichern sollte. Erst in letzter Zeit hat sich insofern etwas geändert, als jedenfalls die Gemeinde Wien auf Wunsch der Eltern auch viele Montessori-Klassen führt (auch eine Steiner-Klasse gab es). Dass andere Konzepte unter Umständen auch etwas längere Schulbesuchszeiten erfordern, zB Hauptschulabschluss bei Steiner-Schulen erst nach neun Jahren, erklärt sich daraus, dass nicht nur der staatliche Lehrplan (mit Unterrichtsmethoden nach der jeweiligen Erziehungslehre) erfüllt werden muss, sondern etwa auch die zusätzlichen Steiner-Fächer. Dennoch wurden die betreffenden Schulen als zur Erfüllung der Schulpflicht geeignet anerkannt und bekamen auch das Öffentlichkeitsrecht verliehen.
12.) Geistliche und weltliche Überzeugungen aller Art bzw ihre Träger stehen miteinander im Wettbewerb; geistliche mit geistlichen, weltliche mit weltlichen, geistliche mit weltlichen. Für alle gelten aber die gleichen Beschränkungen, wie sie allgemein im Art. 9 Abs. 2 MRK normiert sind. Über die gleichen Beschränkungen hinaus gehende, ungleich behandelnde Sonderbeschränkungen verzerren den Wettbewerb der verschiedenen Überzeugungen. Objektivität und Angemessenheit eines Rechtfertigungsgrundes wären also jedenfalls im Bewusstsein dieser Verzerrung zu prüfen.